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Sonntag, 24. Februar 2019

Abschied eines Multitalents mit Kontur

„Forever young“ gehört sicher kaum zu den Sehnsüchten von Claus Hofmann. Nimmt man statt des depressiven Poptitels von Alphaville den gleichnamigen Song Bob Dylans, kommt man dem Liedermacher, Schreiner, Aktivisten und spätberufenen Pädagogen ein ganzes Stück näher. An Dylans Wunsch an einen Heranwachsenden, im Kopf und Herzen jung zu bleiben, hat sich der gebürtige Weidener zeitlebens gehalten. Eine Spotdrossel würde ihm vielleicht auch attestieren, dass er sich seit Jahren nicht verändert habe mit seinem grauen Vollbart und zersauster Frisur.

Hofmann gehört, wie einige andere Kolleg*innen, irgendwie schon zum Inventar des Werkhofs. Er ist eines der Gesichter des sozial orientierten Inklusionsunternehmens und schwierig wegzudenken. Immerhin bewegt er sich seit bald zwei Jahrzehnten in diesem Umfeld, davon 17 Jahre als Mitarbeitervertreter (MAV) und wenig kürzer als Vorsitzender dieses wichtigen Gremiums. Zur MAV ist er über sein langes gewerkschaftliches Engagement gekommen.

Nach Regensburg ist der Nordoberpfälzer mit jugendlichen 16 Jahren gekommen. Wie sein Vater, der langjährige DKP-Vorsitzende Karl Hofmann, hat er eine Schreinerlehre gemacht. Nach verschiedenen Stationen hat er zuletzt bei der Hitzler-Werft gearbeitet, bis diese insolvent wurde. Zufällig hörte er vom Werkhof, der gerade einen Werkstattmeister suchte. Die beiden passten zusammen wie der Schuh und der Löffel.

Vor drei Jahren dann ein tiefer Einschnitt. Nach einer schweren Operation, kam er nur langsam wieder auf die Beine. Bald stellte sich heraus, dass er nicht mehr in der Montage arbeiten und auch nicht lange stehen konnte. Es war eine glückliche Fügung, dass im Moment, als er wieder anfing zu arbeiten, ein Anleiter für die Lehrwerkstatt gesucht wurde. Seither stellt er mit Teilnehmern fast jeden Alters, die von Arbeitsagentur und Jobcenter gefördert werden, Spielzeug und Stühle, jahreszeitliche Artikel wie Nistkästen und Adventskalender, Holzschmuck und Musikinstrumente her. Alles aus Holz, alles handgefertigt, oft von Langzeitarbeitslosen.

Diese zu motivieren und für den Umgang mit Werkzeug und Material zu gewinnen ist „nicht immer einfach“, schildert er den Einstieg ins pädagogische Fach. „Du kannst nur überzeugen, wenn du selbst überzeugt bist“, lautet mittlerweile das persönliche und pädagogische Credo des gestandenen Handwerkers – und er ist mit ganzem Herzen dabei. „Es macht mir unheimlich Spaß mit den Leuten“, grinst Hofmann vergnügt, auch „wenn`s manchmal nervig ist“. Den Grund kann er auf Anhieb benennen: „Du bekommst enorm viel Anerkennung, das stachelt richtig an!“

Seit Januar hat er sein Pensum auf 25 Wochenstunden reduziert, im Sommer will er ganz aufhören. „Nicht ganz“, bremst er spontane Betroffenheitsbekundungen, „als Minijobber auf 450-Euro-Bassis“ mache er „bis zum letzten Tag weiter“ – und lacht. Neben beruflicher Verpflichtung und familiären Aufgaben, Hofmann hat mit seiner Frau drei Kinder großgezogen, haben Musik und ein gesellschaftlich-politisches Engagement sein Leben geprägt. Hofmann fühlt sich „als Kommunist“ und ist Mitglied der DKP, aber schon lange „nicht mehr stolz darauf“. Heute engagiert er sich beim Netzwerk Attac, einem Bündnis „bei dem man richtig streiten kann“, lacht er. Seine andere Leidenschaft pflegt er, seit er mit 13 die ersten Akkorde auf der Gitarre gelernt hat. Ob am Lagerfeuer mit der Gewerkschaftsjugend, auf Demos und Kundgebungen, bei Betriebs- oder privaten Feiern – Musik gehört bis heute immer dazu. Schon jetzt hat er Pläne, demnächst mit einem Freund ein Duo aufzubauen, um bei Veranstaltungen der Gewerkschaftssenioren aufzutreten. Von den Arbeiterliedern eines Ernst Busch, die er anfangs mit großer Hingabe gesungen wurden, hat sich Hofmann in Richtung eines bissig-satirischen Musikkabarett entwickelt.  Die Adaption und teilweise Umdichtung von Popsongs sind fester Bestandteil seines künstlerischen Schaffens – Bob Dylans „Forever Young“ würde gut dazu passen.