Freitag, 13. März 2015
„Mit dem Werkhof hab ich schon vor Jahren beste Erfahrungen gemacht“, gesteht Dr. Astrid Freudenstein fröhlich bereits bei der Begrüßung durch Hans Seidl. Vor einigen Tagen besuchte die Bundestagsabgeordnete den Werkhof in Regensburg. Sie wollte sich vor Ort über die Situation von Beschäftigungsgesellschaften, Langzeitarbeitslosen und die aktuelle Fördersituation informieren. Bei einer Führung durch Werkstätten und das große Second-Hand-Kaufhaus, an der auch die Fachreferentin für Arbeitslose der bayerischen Diakonie, Efthymia Tsakiri, teilnahm, zeigte sie sich beeindruckt von der Vielseitigkeit und Flexibilität des Werkhofs. Seidl erläuterte die Bereiche wo Empfänger von Arbeitslosengeld II als so genannte „Ein-Euro-Jobber“ eingesetzt werden können. Die strengen Voraussetzungen – zusätzlich, wettbewerbsneutral, im öffentlichen Interesse – nannte er „teilweise wirklichkeitsfremd“. Die Menschen können nicht dort eingesetzt werden, „wo sich ihre Chancen für eine Wiedereingliederung in den normalen Arbeitsmarkt deutlich verbessern ließen“. Zudem seien durch die enormen Kürzungen von Fördermitteln in den letzten Jahren Angebote, wie pädagogische Betreuung oder Beratung, weggefallen.
Viele Langzeitarbeitslose aber hätten psychische Probleme. Ohne entsprechende Unterstützung aber würden diese kaum je aus ihrer Lage herausfinden. Diesen Aspekt griff Tsakiri noch einmal auf und bezifferte die Zahl derer in Bayern, die seit drei Jahren oder länger kein Angebot und keine Arbeit bekommen hätten, auf 68000 Menschen. Auch wenn die Lage in Bayern insgesamt ausgesprochen gut sei, müssten für diesen Personenkreis „leistungsgeminderter Menschen nachhaltige Angebote öffentlich geförderter Beschäftigung“ geschaffen werden. Als sinnvolle Möglichkeit brachte sie das Modell des Passiv-Aktiv-Transfers (PAT) ins Spiel. Dem liegt ein einfacher Gedanken zugrunde: Passive Mittel wie Arbeitslosengeld II und Kosten der Unterkunft werden in aktive Mittel der Arbeitsförderung umgewandelt. Zusammen mit Eingliederungshilfen könnten damit dann sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse finanziert werden. Dr. Freudenstein pflichtete bei, dass für Langzeitarbeitslose mehr getan werden müsse. Sie wandte aber auch ein, dass „viele Politiker Angst haben, dass sie (Langzeitarbeitslose, Anm.) sich in solchen Einrichtungen einrichten“ würden.
Seidl meinte, dass der PAT in jedem Betrieb gemacht werden könne, keineswegs nur in Integrationsunternehmen wie dem Werkhof. Allerdings gebe es Arbeitslose mit mehreren Problemen im gesundheitlichen, psychischen Bereich und ohne irgendwelche Abschlüsse für die „es Arbeitsplätze mit 30 oder gar 50 Prozent Minderung bräuchte“. Enorm wichtig sei das vor allem auch deshalb, damit „Kinder in solchen Familien nicht mit dem Vorbild aufwachsen minderbemittelt zu sein“ und Langzeitarbeitslosigkeit nicht „vererbt“ würde. Dr. Freudenstein wies auf ein Modellprojekt des bayerischen Arbeitsministeriums im Raum Fürth hin. Das Projekt „Tandem“ sei gut, meinte Tsakiri, aber es gebe viel zu wenig Mittel, damit es flächendeckend in ganz Bayern angewandt werden könne. Sie werde die zuständige Ministerin, Emilia Müller, darauf ansprechen, versprach Dr. Freudenstein. Nach einem kurzen Austausch bei Kaffee und Tee bedankte sie sich für die „klaren und ausführlichen Informationen“, sowie die Führung und verabschiedete sich nicht ohne begeisterten Hinweis, dass „die Platten im Garten, die der Werkhof verlegt hat, noch genauso sicher und fest liegen“, wie zur Zeit des Bau des Hauses.