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Freitag, 28. September 2018

Umlagesystem ändern, Arbeitsbegriff erweitern

Beim ersten „Hotspot Soziales“ fühlten Diakonie und Werkhof Kandidaten zur Landtagswahl bei sozialen Themen auf den Zahn

Von Altersarmut bis zum sozialen Pflichtjahr spannte sich der Bogen einer Podiumsdiskussion mit Landtagskandidaten im Marinaforum, die zeitweise recht lebhaft ausgetragen wurde. Geleitet wurde das Gesprächsforum, an dem sich auch rund 60 Besucher beteiligten, von Dr. Carsten Lenk vom Evangelischen Bildungswerk. Mit ihm diskutierten Jürgen Mistol von den Grünen, Margit Wild (SPD), Dr. Franz Rieger (CSU), Loi Vo (FDP) und Kerstin Radler von den Freien Wählern.

Die Diakonie Regensburg hatte gemeinsam mit dem Werkhof zu diesem Hotspot Soziales eingeladen. Herrschte bei der Einschätzung, dass geringe Renten ein zunehmendes Problem für die Gesellschaft sind, weitgehend Übereinstimmung, gingen die Antworten teils weit auseinander. „Wohneigentum erhöhen“ lautet Dr. Riegers Rezept, während FDP-Mann Vo „weg vom Umlageverfahren“, gleich das ganze System umstrukturieren will. „Einen guten Einstieg“ nannte Radler die von Mistol geforderte „Garantierente für alle“, die jedem ein auskömmliches Leben im Altern ermöglichen müsse. Für die Sozialdemokraten drückte sich Wiid um eine klare Antwort und trat für eine Arbeitsplatzgarantie für Alleinerziehende ein. Frauen seien von Armut im Alter besonders betroffen und sollen wenigstens keine Lücken in ihrer Erwerbsbiografie haben.

Zu einem ersten Scharmützel kam es, als Mistol bei der Frage nach mehr bezahlbarem Wohnraum
Dr. Rieger und Vo entgegenhielt, dass die jetzige „bunte Koalition im Stadtrat in vier Jahren mehr geschafft“ habe, als „Schaidinger in 18 Jahren“. Beide hatten für mehr Bautätigkeit plädiert, wofür Vo auch die „Bauvorschriften auf den Prüfstand stellen“ möchte, weil damit viel verzögert würde. Aus dem Publikum kam zum Thema wie Altersarmut verhindert werden könne die Forderung auch andere Formen der Arbeit, wie die „Reproduktionsarbeit von Frauen“ und Care-Arbeit besser „bei der Rente abzubilden“. Deutliche Unterschiede wurden auch bei der Frage nach kostenfreiem Kita-Zugang erkennbar, der uneingeschränkt von Mistol vertreten wird. Vo trat für eine kostenlose frühkindliche Förderung und „Chancengleichheit“ ein, Wild dagegen für „mehr Qualität, beispielsweise durch längere und bessere Öffnungszeiten“. Dr. Rieger hob den „effizienten bayerischen Sonderweg“ hervor, der es unnötig mache „Kita-Gebühren abzuschaffen“. 

Uneins waren sich die Diskutanten beim Vorschlag nach Einführung eines sozialen Pflichtjahrs. Erwartungsgemäß wenig hält der FDP-Vertreter von „einer Verpflichtung“, dafür müsse zudem das Grundgesetz geändert werden. Prima fände es Wild, „wenn es auf Freiwilligkeit“ basiere. Als uneingeschränkter Befürworter erwies sich Dr. Rieger, der auf eigene Erfahrungen bei der Bundeswehr zurückgriff. Radler zeigte sich unentschlossen und vergnügt Mistol, der sich freute „dass ich das noch erleben darf, dass du Franz (Dr. Rieger) die Politik der Sozialistischen Einheitspartei, der SED, der DDR fortsetzen willst.“ In der angeregten Diskussion mit Besuchern wurde anschließend vor allem die Möglichkeit in Frage gestellt, dass sich „jemand mit geringerem Einkommen bei den Preisen in Regensburg ein Eigenheim leisten“ könne. Ein anderer Besucher regte an, „unseren Arbeitsbegriff zu überdenken“, es sei heute einfach nicht mehr passen diesen „nur auf die Erwerbsarbeit einzuengen“.