Dienstag, 20. Juni 2017
Mit der VzWv bietet sich eine große Chance, unsere Rohstoffe zu schützen. Denn durch die Wiederverwendung werden Neugeräte ersetzt und im Gegensatz zum Recycling oder zur Verbrennung gehen keine Rohstoffe im Behandlungsprozess verloren. Laut Umweltbundesamt wurden in 2013 1,6 Millionen Tonnen Elektrogeräte in Verkehr gebracht und 727.000 Tonnen Elektroaltgeräte zurückgenommen. Nur 1-2 Prozent der zurückgenommenen Altgeräte werden wiederverwendet oder für die weitere Verwendung wiederaufbereitet. 5-15 Prozent könnten es laut Expertenschätzung sein, wenn die entsprechenden rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorhanden wären.
Sozialkaufhäusern und ReUse-Betrieben, die sich für eine Kooperation mit kommunalen Sammelstellen interessieren, legt der Gesetzgeber viele Steine in den Weg. Die Vorbereitung zur Wiederverwendung ist ein Teil des Abfallregimes und darf nur von als Erstbehandlungsanlagen registrierten Betrieben durchgeführt werden. Die Geräte, die über die Containersammlung am Wertstoffhof bei diesen Betrieben landen, sind allerdings wegen Verdichtung und Bruch beim Transport nicht mehr für die Wiederaufbereitung geeignet. Deswegen gilt die Regel: je früher ein Altgerät für die spätere Wiederverwendung separiert werden kann, desto besser. Im ElektroG ist aber die Separierung für nicht von der Kommune optierte Mengen ausdrücklich verboten. Möchte man als Sozialbetrieb an die Geräte, muss man als Erstbehandlungsanlage angemeldet sein und ist vom Willen der jeweiligen Kommune abhängig. Die öffentlich-rechtlichen Entsorger optieren Mengen aber vor allem dann, wenn sie hochwertige Rohstoffe aus dem Recycling weiter verkaufen wollen.
Beim ElektroG bleibt zudem völlig unklar durch welche Erfassungssystematik ein Elektrogerät unter das Abfallregime fällt bzw. welche Behandlungsschritte konkret als Vorbereitung zur Wiederverwendung gelten sollen. Damit zusammen hängen weitere Behandlungspflichten und Zertifizierungsanforderungen an Wiederverwender. Schließlich fällt auch die Produkthaftung für die „neuen“ Second-Hand-Geräte in den rechtlichen Graubereich.
Das Umweltministerium ist sich der unbefriedigenden Lage wohl bewusst, handelt aber sehr langsam. Derzeit läuft ein Vorhaben des Umweltbundesamt, das organisatorische und rechtliche Aspekte der VzWv klären soll. Es gibt aber keinen konkreten Zeitplan, bis wann die gewonnenen Erkenntnisse in einer neuen Verordnung umgesetzt werden sollen. Das Thema dürfte bei der bevorstehenden Bundestagswahl und zu Beginn der nächsten Legislaturperiode keine hohe Priorität haben.
Gleichzeitig zeigen fortschrittliche Akteure, wie eine Kooperation zwischen kommunalen Sammelstellen und Sozialbetrieben bei der Sammlung von Elektroaltgeräten bereits heute gelingt. Sie vereinbaren klare Verhaltensregeln zur Arbeitssicherheit und zum Arbeitsrecht. Die Kommunen gestalten Ausschreibungen und Vergabeverfahren so, dass durch soziale und ökologische Anforderungen der Zugang für soziale Wiederverwendungseinrichtungen erleichtert wird. Viele Unternehmen verweisen auf ihren Abfallberatungsseiten auf die Möglichkeit, funktionstüchtige Geräte direkt an die Sozialkaufhäuser zu spenden (die Geräte fallen dabei nicht unter das Abfallregime).
Sozialwirtschaftliche Gebrauchtwarenkaufhäuser und andere Wiederverwendungseinrichtungen sollten sich über ihre Verbände politisch engagieren, um eine bessere Gesetzeslage zu erwirken. Diese muss den Zugang zu den Altgeräten erleichtern und die Behandlungs- und Dokumentationspflichten für Wiederverwender klar regeln. Auch der Aufbau einer Dachmarke, welche die Qualität und die Kooperation gemeinwohlorientierter Wiederverwendungs- und Reparatureinrichtungen fördern soll, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dieses Projekt wird aktuell vom Wir e.V. vorangebracht.
Die Studie des NABU zur Vorbereitung zur Wiederverwendung finden Sie unter www.NABU.de/vzwv-studie.
Sascha Roth ( Referent für Umweltpolitik beim Naturschutzbund Deutschland (NABU))